Modellprojekt in Bayreuth
Das Konzept der Familientafel ist auf die Initiative des
Deutschen Familienverbandes Landesverband Bayern e. V. (DFV-Bayern) zurückzuführen. Den Anstoß für die Entwicklung der Familientafel gaben die Landesvorsitzende des DFV-Bayern, Petra Nölkel, und Landesvorstandsmitglied Dr. Christoph Dittmar, die gemeinsam von der Geschäftsstelle des bayerischen Landesverbandes in Bayreuth das Projekt leiteten.
Beide teilten den Eindruck, dass in ihrer Stadt immer mehr Familien von
Armut betroffen sind. Das zeigte sich beispielsweise an einer für bayerische Verhältnisse hohen Armutsquote unter Kindern und Jugendlichen und einer stetig wachsenden Zahl von Bürgern/Bürgerinnen, die zum Einkauf an der Bayreuther Tafel berechtigt sind. Für Petra Nölkel und Christoph Dittmar war offenkundig, dass diese Eltern vor größeren Herausforderungen im Familienalltag stehen als materiell abgesicherte Eltern. Gleichzeitig schienen es gerade diese Familien schwerer zu haben, vorhandene Unterstützungs- oder Informationsangebote für sich zu nutzen. Petra Nölkel und Christoph Dittmar waren davon überzeugt, dass die nach wie vor verbreitete Komm-Struktur von Sozialen Diensten dazu beiträgt, dass gerade die Zielgruppe ihre Angebote nicht in Anspruch nimmt. Ihr Anliegen war es daher, speziell Eltern in wirtschaftlich schwierigen Lebenslagen durch Information, allgemeine Beratung und Vermittlung in einschlägige Angebote der
Familienbildung und das weitere Hilfenetz zu stärken.
Ausgehend von diesen Überlegungen entwickelten sie das Konzept der Familientafel, in dem die aufsuchende Arbeit eine zentrale Rolle in der Arbeit mit den Eltern spielt. Als Kooperationspartnerin wählten sie die Bayreuther Tafel e. V., bei der zweimal wöchentlich Lebensmittel ausgegeben werden. Seit der Gründung im Jahr 2004 hat sich die Bayreuther Tafel zu einem Ort entwickelt, an dem viele Eltern, die hier zum Einkauf berechtigt sind, regelmäßig anzutreffen sind. Die Familientafel weist sowohl eine Komm- als auch eine Gehstruktur auf. Die Familien können die Fachkraft der Familientafel an der Tafel kennen lernen und gegebenenfalls schon kleinere Anliegen klären. Für umfassendere Anliegen können die Eltern die Fachkraft in den Räumlichkeiten der Familientafel erreichen; gleichzeitig kann die Familientafel aufgesucht werden, um eines der Angebote zu nutzen. Die Familientafel in Bayreuth bietet vier Kernangebote an: eine informierende Erstberatung, eine Hausaufgabenhilfe, gemeinsames Kochen und Essen sowie ein Familiencafé „Plaudereck“. Neben diesen ständigen Angeboten gibt es immer wieder auch zeitlich befristete Angebote, wie beispielsweise eine Ferienbetreuung für Kinder oder Basteln in der Weihnachtszeit.
Bei der Namensfindung für das Konzept galt es, einen eingängigen und noch nicht vergebenen Begriff zu finden. Ausschlaggebend für die Bezeichnung „Familientafel“ war der Gedanke, dass der Deutsche Familienverband mit seinem Konzept Familien in prekären Lebenslagen die Teilhabe an den Angeboten
Sozialer Dienste erleichtern möchte. Das Wort „Tafel“ soll als Metapher zum Ausdruck bringen, dass sich allen Familien Herausforderungen bei der Eltern- und Familienarbeit stellen. Sie alle haben dabei ein Anrecht auf Entlastung und Unterstützung und sitzen dadurch bildlich gesprochen gemeinsam an einem Tisch. Die Vielfalt der Familien wird im Logo durch die verschiedenfarbigen Elemente symbolisiert. Der grüne Bogen im Logo soll neben der Tafel auch die Assoziation einer Brücke wecken und damit die
Lotsen- und
Brückenfunktion der Familientafel zum Ausdruck bringen.
Mit der gewählten Bezeichnung wird auch eine Nähe zur Tafelbewegung hergestellt. Inhaltliche Übereinstimmungen bestehen allerdings nur auf der übergeordneten Ebene: Die Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen in wirtschaftlich schwierigen Lebenslagen ist für die Tafelbewegung ebenso wie für die Familientafel das wesentliche Ziel. Doch anders als Tafeln, die durch die Ausgabe von Lebensmitteln unterstützen, setzt die Familientafel darauf, Familien den Zugang zu den kommunalen Ressourcen der
Familienbildung und weiterführenden Angeboten
Sozialer Dienste zu erleichtern und ihren Anliegen in der Kommune Gehör zu verschaffen. Das während der Modelllaufzeit entwickelte Logo sowie die Informationsmaterialien werden allen Trägern, die eine Familientafel aufbauen möchten,
hier zur Verfügung gestellt.
Die vom DFV-Bayern getragene Familientafel in Bayreuth wurde von März 2009 bis Dezember 2011 finanziell durch das
Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert. Ziele in der Modellphase waren:
- Aufbau der aufsuchenden Arbeit an der Tafel sowie des Angebots der informierenden Erstberatung durch eine Fachkraft.
- Entwicklung von Kooperationen für die Weitervermittlung von Eltern mit Unterstützungsbedarfen zu bestehenden Angeboten vor Ort.
- Erprobung niedrigschwelliger Unterstützungsangebote speziell für Eltern und ihre minderjährigen Kinder, die in der bestehenden Angebotsstruktur vor Ort noch nicht vorhanden sind. Ein Schwerpunkt sollte dabei auf der Entwicklung von Angeboten zur gesunden Ernährung liegen.
Ergänzend zur Modellförderung wurde der Auftrag zu einer wissenschaftlichen Begleitforschung an das Forschungsteam von Prof. Dr. Limmer (Technische Hochschule (TH) Nürnberg Georg Simon Ohm, Fakultät Sozialwissenschaften) erteilt.
Für eine genauere Beschreibung des Konzepts der Familientafel lesen Sie
hier weiter.
Hier geht es weiter mit Informationen zur Begleitforschung.